Mercedes F400 Carving
Ein Forschungsfahrzeug der besonderen
Art mit einem aussergewöhnlich progressiv
anmutenden Design


Barcelona, 13.07.2002 Zukunftsweisenden Technologien
Gestalt zu geben und Innovationen auch formal erlebbar machen -
das waren die wichtigsten Aufgaben bei der Gestaltung des F 400 Carving.


F400 Carving

Fantasie war gefragt, um Technik und Design in Einklang zu bringen.
Anders gesagt: Das war ein Design-Auftrag der besonderen Art. Denn
mit seiner einzigartigen Fahrwerkstechnik gab der F 400 den
Designern eine harte Nuss zu knacken. Es galt, ein Konzept zu
finden, das einerseits den Rädern bei Kurvenfahrt genügend
Bewegungsfreiheit für die aktive Sturzverstellung lässt und das
andererseits aber auch bei normaler Radposition eine gute Figur
macht.


Hier besonders deutlich: das einzigartige Fahrwerk

Mit diesen Prämissen begann vor rund zwei Jahren ein multinationaler
Ideenwettbewerb, an dem sich junge Designerinnen und Designer aus
den Mercedes-Studios in Deutschland, Japan und den USA
beteiligten. Sie brachten eine Vielzahl faszinierender Vorschläge zu
Papier: vom utopischen Superboliden bis zum skurrilen Fun-Cruiser,
vom viersitzigen Cabriolet bis zur Fahrmaschine mit
Ein-Mann-Cockpit.

"Emotionale Phase" nannte man diesen Entwicklungsschritt. Er war
wichtig, um die gestalterischen Potenziale des Projekts F 400 Carving
auszuloten und das Design in die richtigen Bahnen zu lenken. Und er
war notwendig, denn zweifellos sind bei der Gestaltung eines solchen
Fahrzeugs neben technischem Sachverstand vor allem Emotionen
gefragt: Leidenschaft fürs Automobil, Faszination für die Technik und
Begeisterung für dynamisches, erlebnisorientiertes Autofahren.

Und welches Fahrzeugkonzept symbolisiert diese Themen besser
und treffender als ein offener Sportwagen? Ein ganz offener
Sportwagen - ein Speedster mit langgestreckter, extrem flacher
Motorhaube, mit kurzem Heck, mit maßgeschneidertem Interieur für
zwei Passagiere und mit vielen stilvollen Details, die auf Anhieb
Emotionen wecken und die Botschaft dieses Autos verstärken: der
breite, tief liegende Lufteinlass in der Frontpartie, die flach geneigte
Frontscheibe, die seitlichen Auspuffrohre oder die markanten
Überrollbügel hinter den Sitzen.

Exterieur: Die Sprache der Dynamik

Aus jedem Blickwinkel wirkt die Karosserie des Speedsters wie ein
wohlproportionierter, durchtrainierter Körper. In der Seitenperspektive
wird er durch flügelähnliche Profile gegliedert, die sich kraftvoll über
die Räder spannen und sie harmonisch in das Karosseriekonzept
integrieren, ohne ihre Bewegungsfreiheit einzuschränken. Kleinere
Flügelprofile vor und hinter den Rädern verstärken diesen Effekt und
rücken die Räder dominant in den Mittelpunkt der Seitenoptik.

Geschickt nutzen die Designer die markanten Flügelprofile aber auch,
um dem F 400 Carving ein Gesicht zu geben: Sie integrieren die
Scheinwerfer in die Flügel und formen aus den Abdeckscheiben der
Lichter zwei "Augen", die das sympathische Erscheinungsbild des
Sportwagens entscheidend prägen. Lichtsysteme mit hochmoderner
Glasfaser-Technologie machen dieses stilistische Detail möglich,
denn herkömmliche Scheinwerfer fänden in dem engen Bauraum der
Flügelprofile keinen Platz.

Zum Gesicht des Zweisitzers gehört freilich auch der Mercedes-Stern
in der für sportliche Modelle der Stuttgarter Automarke typischen
Zentralposition. Er bildet den Mittelpunkt eines weiteren wichtigen
Designelements, das sich mittig über die Motorhaube erstreckt und
mit der unverwechselbaren, pfeilförmigen Bugspitze an die Silberpfeile
des Teams McLaren-Mercedes erinnert. Dieses Detail entwickelt sich
zu einem neuen Sportmerkmal von Mercedes-Benz; es setzt auch
bereits bei den Sportwagen-Studien Vision SLR und Vision SLA
Zeichen.

Noch markanter, weil traditionsreicher sind zweifellos die Flügeltüren
als Markensymbol von Mercedes-Benz. Genau 50 Jahre ist es her,
als der erste Mercedes-Benz mit solchen Türen für Aufmerksamkeit
sorgte - und die SL-Legende begründete. Die F 400-Designer greifen
dieses Merkmal auf, realisieren es in moderner Form und Technik und
zeigen, dass es nach wie vor ebenso aktuell wie faszinierend ist.
Anders als seinerzeit beim 300 SL sind die Flügeltüren des
Forschungswagens nicht am Dach befestigt, sondern schwenken
mittels spezieller Gelenke und von Gasfedern unterstützt im Winkel
von 60 Grad nach oben.

Aus der muskulösen Kontur der Tür entwickelt sich ein kraftvoll
geformtes Profil, das diese Linienführung bis ins Heck des
Speedsters fortsetzt und dabei die Rolle eines Kotflügels übernimmt,
der die Räder abdeckt. Wie im Frontbereich dient dieses Profil auch
im Heck zur Unterbringung der Leuchten. Dank ihrer schmalen
Prismenstäbe fügen sich Blinker, Rück- und Bremslicht perfekt in das
formale Konzept ein und setzen überdies besonders eindrucksvolle
Lichtsignale.

Interieur: Hightech in stilvoller Verpackung

Der Blick ins Cockpit zeigt ein weiteres Gestaltungsthema des F 400
Carving: Technik pur - die Konzentration aufs Wesentliche. Auf die
ursprüngliche Art des Autofahrens und somit auf alles, was dafür
unbedingt notwendig ist. Mehr nicht.

Zugegeben: Das klingt nach Purismus und Einfachausstattung. Doch
bei genauerem Hinsehen wird rasch deutlich, dass hier mit großer
Perfektion, besten Materialien und sehr viel Liebe zum Detail
gearbeitet wurde. Designerinnen und Designer des Mercedes-Studios
im norditalienischen Como und im süddeutschen Sindelfingen
widmeten sich dieser Aufgabe und gaben dem Interieur ein
charakteristisches Erscheinungsbild, das typische Stilelemente des
Karosseriedesigns aufgreift. Dazu gehört vor allem das Flügelthema -
zum Beispiel bei der Instrumententafel: Optisch hat sie keine feste
Verbindung zum Mitteltunnel, "schwebt" also flügelähnlich im Raum
und wirkt deshalb besonders leicht und grazil.

Technik pur - auf dieses Designthema des F 400 Carving macht vor
allem der Mitteltunnel aufmerksam. Form, Farbe und Oberfläche
entsprechen einer Getriebeglocke aus Aluminiumguss und wecken
zugleich Assoziationen an die Cockpits der Rennsportwagen in den
Zwanziger- oder Dreißigerjahren, als die Fahrer tatsächlich mit so viel
nacktem Blech vorlieb nehmen mussten. Die einfachen Schieberegler
für Gebläse und Heizung, der metallische Bedienhebel des
SEQUENTRONIC-Getriebes und die ovale Belüftungsdüse oberhalb
des Mitteltunnels verstärken solche Erinnerungen zusätzlich,
wenngleich sich dahinter modernste Technik verbirgt.

Die Passagiere des F 400 Carving nehmen auf Carbon-Sitzen Platz
und sind sofort eins mit dem faszinierenden Auto und seiner Technik -
eine geradezu perfekte Verbindung von Mensch und Maschine. Die
Sitze bieten perfekten Seitenhalt und lassen sich trotz ihrer einteiligen
Konstruktion individuell justieren. Der mehrschichtige Aufbau der
Faserstruktur macht es möglich, den Neigungswinkel der
Rückenlehne ohne Gelenke oder Scharniere zu variieren - eine kleine
Hebel-mechanik genügt. Für den Schwingungskomfort sorgen
Feder-Dämpfer-Systeme unter dem Sitz und mehrere über die
Sitzfläche verteilte Polsterkissen.

Materialien: Allen Wettern gewachsen

Bei der Auswahl der Bezugsstoffe für den Innenraum des F 400
Carving hatten die Designer und Designerinnen eine ganz besondere
Herausforderung zu meistern: die totale Offenheit des Zweisitzers,
dessen Interieur somit buchstäblich wind- und wetterfest sein muss.
Auf Basis atmungsaktiver und zugleich strapazierfähiger Stoffe aus
dem Bereich der Sportbekleidung entwickelten die Fachleute exklusiv
für das Forschungsfahrzeug Bezugmaterialien, die dank einer
speziellen Kunststoffbeschichtung wasserabweisend sind und sich
somit für diesen Einsatzzweck bestens eignen. Überdies sind die
Polsterflächen der Sitze so konstruiert, dass der Autobesitzer sie
problemlos herausnehmen und in der Garage trocknen kann.

Fazit: Der F 400 Carving ist ein erlebnisorientiertes Automobil, das
auch extreme Situationen souverän und sicher beherrscht. Das
zeigen nicht nur die neuartige Fahrwerkstechnik, sondern auch pfiffige
Details aus dem Innenraum und das stilistische Gesamtkonzept des
Zweisitzers. Technik und Design gehen einen gemeinsamen,
einzigartigen Weg. Neuartige Funktionen werden nicht nur perfekt
erfüllt, sondern auch formal thematisiert und emotionalisiert.

F400 Carving - Technik
 

Das neueste Forschungsfahrzeug verkörpert ein Stück Zukunft: Der F
400 Carving fährt in den Spuren anderer Fahrzeugstudien wie F 200
Imagination oder F 300 Life-Jet, die sich bereits 1996 und 1997 durch
neuartige Lenk- und Fahrwerkskonzepte auszeichneten: Drive-by-Wire
oder aktive Wanksteuerung waren zwei der wichtigsten Themen
dieser automobilen Forschungsprojekte. Im F 400 Carving haben die
Ingenieure und Wissenschaftler der DaimlerChrysler-Forschung diese
Ideen perfektioniert und präsentieren ein völlig neuartiges System, das
Fahrsicherheit, Fahrdynamik und Fahrerlebnis nochmals deutlich
steigert.

Mit 20 Grad Radsturz sicher durch die Kurve

Der Beiname "Carving" deutet an, was sich hinter der
Fahrwerkstechnik dieses Forschungswagens verbirgt: Zwei seiner
Räder verhalten sich in Kurven stets so wie die "Carver" auf den
Skipisten, um ein Höchstmaß an Tempo und Dynamik zu erzielen:
Sie neigen sich zur Seite und fahren auf einem speziell für Kurven
optimierten Laufstreifen des Reifens, der sich durch besonders hohen
Reibwert auszeichnet und somit für optimale Fahrstabilität sorgt.

Maximal 20 Grad beträgt der variable Sturzwinkel, den das
computergesteuerte System des F 400 Carving jeweils nur bei den
kurvenäußeren Rädern einstellt. Die Reifen an der Kurveninnenseite
bleiben - ebenso wie die Karosserie - in Normalposition.

Die aktive Sturzverstellung ist das Ergebnis eines langjährigen
Forschungsprojekts, das mit Computersimulationen und
Prüfstandsversuchen begann. Jetzt ist es reif für die Praxisforschung.

Der F 400 Carving dient den Stuttgarter Automobilingenieuren als
rollendes Forschungslabor. Mit dem offenen Zweisitzer wollen sie die
Potenziale der neuartigen Fahrwerkstechnologie weiter erforschen und
neue Wege für die Fahrwerkstechnik künftiger Personenwagen
aufzeigen. Bereits die Ergebnisse der ersten Testfahrten und
Messungen sind vielversprechend:

Im Vergleich zu heutigen Pkw-Fahrwerken lassen sich durch die
aktive Sturzverstellung des F 400 Carving bei Kurvenfahrt bis zu 30
Prozent höhere Seitenführungskräfte und bis zu 15 Prozent
höhere Längskräfte erzielen. In Zahlen: Beträgt die maximale
Seitenkraft am Rad bei einem Sturz von Null Grad normalerweise rund
6200 Newton, so steigt dieser Wert bei –10 Grad Sturz auf etwa 6900
Newton und bei –20 Grad sogar auf rund 7800 Newton.

Aufgrund der hohen Seitenkräfte an den kurvenäußeren Rädern ist die
Querbeschleunigung des F 400 Carving um bis zu 28 Prozent
größer als bei Sportwagen mit konventioneller Fahrwerkstechnik. Die
Grafik zeigt die maximale Querbeschleunigung des
Forschungswagens (gemessen in g bei stationärer Kreisfahrt) im
Vergleich zu einem Roadster der SLK-Klasse. Neigen sich die
kurvenäußeren Räder des F 400 Carving um 20 Grad, so erreicht der
Zweisitzer eine maximale Querbeschleunigung von 1,28 g.

Dieser beachtliche Wert ist nicht nur ein Indiz für höhere
Kurvendynamik und sportliche Agilität, er bedeutet ebenfalls einen
beachtlichen Zugewinn an Fahrsicherheit - vor allem in Notsituationen
wie (zu) schnell angefahrenen Kurven oder plötzlichen
Ausweichmanövern. Der Forschungswagen bleibt über längere Zeit
und bei höherer Geschwindigkeit spurstabiler als ein Auto mit
konventioneller Fahrwerkstechnik.

Reifen - Asymmetrie als Konzept

An diesen Resultaten haben die Reifen maßgeblichen Anteil: Die
aktive Sturzverstellung ermöglicht ein völlig neuartiges Konzept, das
erstmals kompromisslos die Vorteile eines Pkw-Reifens mit denen
eines Motorradreifens verbindet. Asymmetrie ist das Prinzip dieser
Reifentechnologie, die Ingenieure von DaimlerChrysler und Pirelli
gemeinsam entwickelt haben: Asymmetrisch sind Profil,
Laufflächenmischung und Kontur.

An seiner Innenseite zeichnet sich der Reifen durch eine abgerundete
Lauffläche für perfektes Kurven-Handling aus, während die äußere
Reifenschulter ein bewährtes Pkw-Profil mit guten
Geradeauslaufeigenschaften und hohem Geräuschkomfort zeigt.
Dabei nutzen die Fachleute erstmals den physikalischen Effekt,
wonach ein Reifen mit gekrümmter Lauffläche bei großen
Sturzwinkeln höhere Seitenkräfte übertragen kann als ein
herkömmlicher Reifen. Die asymmetrische Lauffläche ist möglich, weil
die Innenseiten der Reifen nur dann mit der Fahrbahn in Kontakt
kommen, wenn die aktive Sturzverstellung die kurvenäußeren Räder
zur Seite neigt. So können die Ingenieure die Innenschultern der
Reifen gezielt nur auf eine Aufgabe abstimmen und optimieren:
perfekte Kurvensicherheit.

Gummimischung: Reifenlauffläche mit unterschiedlichem
Reibwert

Die Gummirezeptur der F 400-Reifen spielt dabei eine ebenso
wichtige Rolle. Denn durch innenliegende Zonen mit weicherer
Laufflächenmischung lässt sich die Kraftübertragung - sprich:
Fahrbahnhaftung - in Kurven nochmals deutlich steigern. Ein solches
"Hochreibwert-Compound" war für Personenwagen bisher nicht
geeignet, da der Abrieb dieser weichen Mixtur höher ist als bei
herkömmlichen Pkw-Gummimischungen. Der Reifen würde deshalb
nicht die heute übliche Laufleistung erreichen.

Die aktive Sturzverstellung des F 400 Carving macht dieses Manko
wett: Dank dieser innovativen Technik kommen die weicheren
Innenseiten der Reifen nur bei Kurvenfahrt mit dem Asphalt in
Berührung und nutzen sich deshalb nicht so schnell ab.
Demgegenüber haben die Fachleute für den äußeren Bereich der
Lauffläche eine härtere Gummimischung entwickelt und sie vor allem
hinsichtlich Langlebigkeit, Geradeauslauf und Geräuschkomfort
optimiert.

Mit anderen Worten: Dank seiner asymmetrischen Kontur und seiner
speziellen Gummirezeptur löst der neu entwickelte Reifen den
bisherigen Zielkonflikt zwischen maximaler Kurvensicherheit und
hoher Fahrdynamik einerseits und hoher Laufleistung sowie guten
Geradeauslaufeigenschaften andererseits. Dank aktiver
Sturzverstellung lassen sich also erstmals in einem Reifen zwei
unterschiedliche Konzepte verwirklichen.

Reifengröße: Zwei Durchmesser auf einer Felge

Um bei Kurvenfahrt hohe Seitenführungskräfte zu übertragen, ist
jedoch auch eine ausreichend große Aufstandsfläche der Reifen
erforderlich. Nur: Je größer der Radsturz, desto kleiner ist bei einem
serienmäßigen Fahrzeug die aktive Aufstandsfläche. Insofern böte die
Fahrwerkstechnologie des F 400 Carving prinzipbedingte Nachteile,
hätten die DaimlerChrysler-Ingenieure nicht eine neuartige Felge
entwickelt. Sie hat zwei verschieden große Durchmesser: 17 Zoll an
der kurvenaktiven Innenseite und 19 Zoll an der Außenseite. So ist
einerseits gewährleistet, dass der Forschungswagen bei
Geradeausfahrt nur auf dem nicht gekrümmten Laufstreifenanteil rollt,
und dass andererseits dank des kleineren Innendurchmessers in
Kurven eine möglichst große Aufstandsfläche zur Verfügung steht.

In Zahlen: Die Reifengröße beträgt 255/35 R 19 für die
Außenschultern und 255/45 R 17 für die Innenseiten.

Vielversprechende Forschungsarbeit

Mit der aktiven, computergesteuerten Sturzverstellung und dem
asymmetrischen Reifenkonzept sind die Ingenieure von
DaimlerChrysler ihrem Ziel ein großes Stück nähergekommen, die
vorbildliche Fahrsicherheit und Fahrdynamik künftiger Modelle noch
weiter zu verbessern. Doch dabei stehen sie erst am Anfang eines
vielversprechenden Forschungsprojekts, denn die innovative
Technologie bietet neben größerer Querbeschleunigung und
vorbildlicher Kurvenstabilität auch in anderen Fahrsituationen
beachtliche Vorteile:

     Bei Schleudergefahr durch Unter- oder Übersteuern bringt das
     System kurzzeitig eines oder mehrere Räder in eine genau
     berechnete Schrägneigung, erhöht dadurch die
     Seitenführungskräfte und stabilisiert das Auto. Damit bietet die
     aktive Sturzverstellung das Potenzial einer noch wirksameren
     ESP®-Funktion. In Kombination mit der elektronisch
     gesteuerten Lenkung reduziert ein automatischer Lenkeingiff
     die Schleudergefahr.

     Bei einer Notbremsung lassen sich blitzschnell alle vier Räder
     des Forschungswagens stürzen, sodass nur die Innenseiten
     der Reifen mit ihrer reibwertoptimierten Laufflächenmischung
     Fahrbahnkontakt haben. So verkürzt sich der Bremsweg aus
     100 km/h um gut fünf Meter.

     Bei Aquaplaning-Gefahr kann das System die Aufstandsfläche
     der Reifen gezielt verändern. Schon ein Radsturz von etwa fünf
     Grad bringt den gewünschten Effekt und reduziert das Risiko
     des Aufschwimmens deutlich. Eine neuartige Sensorik, die
     DaimlerChrysler gegenwärtig entwickelt, erkennt den Nässefilm
     auf der Fahrbahn und leitet die Messdaten an das
     elektronische Steuergerät der aktiven Sturzverstellung weiter.
     So passt das System die Schrägneigung der Räder
     automatisch an die Fahrsituation an.

     Im Winter ist der Einsatz asymmetrischer Reifen denkbar,
     deren Laufstreifen sich dank spezieller Gummimischung und
     Profilgestaltung durch besonders hohe Traktion, kurze
     Bremswege und perfekte Spurtreue auszeichnen. Um auf
     Schnee oder Eis sicher voranzukommen, bringt der Autofahrer
     die Räder mittels Knopfdruck in Schräglage, so dass sein
     Wagen vorübergehend nur auf den besonders haftfähigen
     Innenseiten der Reifen fährt.

Schwenkbare Radträger mit Hydraulikzylindern

Zweigeteilte Radträger und ein leistungsfähiges Hydrauliksystem
machen die aktive, computergesteuerte Sturzverstellung möglich. Die
Radträger bestehen jeweils aus einer schwenkbaren und einer
unbeweglichen Hälfte: An den inneren, feststehenden Systemträgern
sind die Radführungselemente einer Doppelquerlenkerachse befestigt,
während die äußeren Schwenkträger die Radlagerung und die
Anbindung der Bremszangen übernehmen. Bei Kurvenfahrt drücken
die Kolbenstangen hydraulischer Doppelzylinder gegen die
Schwenkträger an der Kurvenaußenseite und neigen sie im unteren
Bereich nach außen. So lässt sich der Radsturz je nach Fahrsituation
um bis zu 20 Grad variieren.

Die Konstruktion der angetriebenen Hinterachse des F 400 Carving
unterscheidet sich prinzipiell nicht von der Vorderachse. Einziger
Unterschied sind hier die in ihrer Länge variierbaren Antriebswellen.

Das Kernstück der Hydraulik ist eine Axialkolbenpumpe mit einem
Arbeitsdruck von bis zu 200 bar. Servoventile an den Doppelzylindern
der Räder regeln den Ölstrom und steuern somit die Ein- und
Ausfahrbewegungen der Zylinder. Sind bei dynamischer Fahrweise
sehr schnelle Zylinderbewegungen erforderlich, wird die Pumpe von
einem Hydrospeicher unterstützt. Auch eine Notlauffunktion ist
vorgesehen: Spezielle Abschaltventile unterbrechen den Ölfluss zu
den Hydraulikzylindern und nutzen den Druck im System, um einen
Radsturzwinkel von null Grad einzustellen.

Lenken und bremsen per Kabel

Allein mit seiner aktiven Sturzverstellung gibt der F 400 Carving
wichtige Impulse für die Fahrwerksentwicklung künftiger
Fahrzeugmodelle. Doch die Stuttgarter Ingenieure gehen noch einen
Schritt weiter und kombinieren diese Technologie mit einer Reihe
anderer, ebenso wegweisender Systeme: Drive-by-Wire. Mechanische
Verbindungselemente wie die Lenksäule mit ihren Spindeln und
Gelenken oder das Gestänge zwischen Bremspedal und
Bremskraftverstärker gibt es im F 400 Carving nicht. An ihre Stelle
treten Kabel. Die Lenk- oder Bremsbefehle des Autofahrers werden
ausschließlich auf elektronischem Weg übertragen:

     Lenkung: Das elektronische Lenkrad ist mit zwei induktiven
     Winkelsensoren ausgestattet, die jede Lenkradbewegung
     erfassen, in elektrische Impulse umwandeln und per
     Datenleitung an die Mikrocomputer des Forschungswagens
     übertragen. Die Rechner werten diese und andere aktuelle
     Sensorsignale aus und ermitteln daraus die Sollwerte für die
     Lenkbewegungen an der Vorderachse. In kritischen Situationen
     greift das Drive-by-Wire-System auch aktiv in die Lenkung ein,
     um den Wagen sicher auf Kurs zu halten. Zwei
     Elektromotoren, die direkt mit der Zahnstangenlenkung
     verbunden sind, bewegen die Räder des F 400 Carving. Die
     Automobilforscher sprechen deshalb von einer "elektrischen
     Zahnstange" - ein Novum, das sie gemeinsam mit dem
     Fachleuten der Mercedes-Benz Lenkungen GmbH verwirklicht
     haben. Beide Elektromotoren sind jeweils zur Hälfte an der
     Erzeugung des Lenkmoments beteiligt. Bei einer Störung kann
     auch nur einer der Motoren die Lenkfunktionen übernehmen, so
     dass dieses redundante System ein Maximum an
     Funktionssicherheit garantiert. Sogar die Stromversorgung des
     Forschungswagens basiert auf einem Doppelkonzept: Neben
     dem Standard-Bordnetz (zwölf Volt) ist der F 400 Carving mit
     zwei 42-Volt-Systemen ausgestattet, die vor allem für die
     elektronische Lenkung zuständig sind.

     Bremse: Das Bremsen per Kabel (Brake-by-Wire) ist bei
     Mercedes-Benz heute schon Realität. Die Hochdruckbremse
     Sensotonic Brake Control (SBC) arbeitet nach folgendem
     Prinzip: Der Tritt aufs Bremspedal wird als elektrisches Signal
     an einen Mikrocomputer weitergeleitet, der dank aufwändiger
     Sensorik bestens über die jeweilige fahrdynamische Situation
     des Autos informiert ist. Deshalb kann die Elektronik den
     Bremsdruck für jedes Rad situationsgerecht berechnen und
     dosieren. Das Ergebnis ist eine deutlich bessere
     Bremssicherheit in Kurven.

Neben der Sensotronic Brake Control unterscheidet sich die
Bremsanlage des F 400 Carving durch ein weiteres technisches
Highlight: Die Bremsscheiben (330 Millimeter Durchmesser) bestehen
aus kohlenstofffaserverstärkter Keramik - ein Hightech-Material, das
extremen Temperaturbelastungen von 1400 bis 1600° Grad Celsius
standhält und das überdies rund ein Drittel leichter ist als Grauguss.

Federung und Dämpfung - ABC der nächsten Generation

Mit einer aktiven Hydropneumatik (AHP) betreten die
Forschungsingenieure ebenfalls technisches Neuland und erproben im
F 400 Carving eine Alternative für künftige Generationen des aktiven
Fahrwerks, das bei den Mercedes-Modellen der S-, CL- und
SL-Klasse im Serieneinsatz ist.

Im Gegensatz zum heutigen Active Body Control (ABC), bei dem die
aktiven Kräfte zwischen Karosserie und Rad nur durch Einwirkung auf
die Federn erzeugt werden, beeinflusst die aktive Hydropneumatik
sowohl die Federung als auch die Dämpfung des Fahrzeugs und
passt beide Systeme blitzschnell an die jeweilige Situation an. Das
macht sich durch noch höhere Fahrsicherheit und noch besseren
Fahrkomfort bemerkbar.

Motor und Getriebe: Mercedes-Technik mit neuen
Detaillösungen

Unter der Motorhaube des F 400 Carving arbeitet das moderne
V6-Triebwerk mit 3,2 Liter Hubraum, das sich in verschiedenen
Mercedes-Modellreihen bewährt. Vom Serienmotor unterscheidet sich
der Sechszylinder nur in einem Punkt: Die Forschungsingenieure
spendierten ihm eine Trockensumpfschmierung, die auch bei hoher
Querbeschleu-nigung die Ölversorgung des Triebwerks sicherstellt.

Das sequenzielle Getriebe des Forschungswagens stammt ebenfalls
aus der Serienproduktion von Mercedes-Benz. Anders ist nur die
Bedienung der SEQUENTRONIC: Im F 400 Carving wechselt der
Autofahrer die sechs Gänge rennwagentypisch - per Tastendruck am
Lenkrad.

Xenon-Licht aus Glasfasern

Neu ist ebenfalls das Scheinwerfersystem des F 400 Carving:
Erstmals setzt DaimlerChrysler hochmoderne Glasfasertechnik ein,
um das Licht der Xenon-Lampen zu übertragen. Diese Lichtleiter, die
aus mehreren tausend einzelner Glasfasern bestehen, ermöglichen
die räumliche Trennung von der Lichtquelle und dem eigentlichen
Scheinwerfer - ein Vorteil, der vor allem dem Frontdesign des
Sportwagens zugute kommt, denn die Scheinwerfer beanspruchen so
nur sehr wenig Platz und ermöglichen deshalb die Gestaltung einer
extrem flachen Frontpartie.

Fern- und Abblendlicht werden in zwei zylinderförmigen Gehäusen
unter der Motorhaube erzeugt. In ihrem Inneren befinden sich jeweils
eine Xenonlampe, deren Licht von einem elliptischen Reflektor
gebündelt wird. Vom Brennpunkt der Reflektoren strahlt das Licht in
die Glasfaserleitungen, die es verlustfrei in die Scheinwerfer
übertragen. Hier übernehmen spezielle Optiken die Lichtverteilung auf
die Fahrbahn. Für Kurvenfahrten ist der F 400 Carving zusätzlich mit
zwei seitlich platzierten Kurvenlichtern ausgestattet. Sie schalten sich
je nach Lenkeinschlag der Räder ein. Auf Knopfdruck zugeschaltet,
übernehmen diese stationären Halogenlampen auch die Aufgabe von
Nebelscheinwerfern.

Auch die Blinker machen durch platzsparende Technik auf sich
aufmerksam: Hochleistungs-Leuchtdioden erzeugen das Licht, das
mit so genannten Prismenstäben verteilt wird.

Karosserie: Leichtgewicht aus Kohlefaser

Die Karosserie des offenen Zweisitzers besteht aus
kohlenstofffaserverstärktem Kunststoff (CFK). Das bereits im
Formel-1- Rennsport erprobte Material zeichnet sich bei einem
Minimum an Gewicht durch ein Maximum an Festigkeit aus. Es ist
rund 60 Prozent leichter als Stahl, sodass die Karosserie des
Forschungswagens weniger als 100 Kilogramm auf die Waage bringt.
Beim Chassis des F 400 Carving setzen die
DaimlerChrysler-Ingenieure auf einen intelligenten Verbund drei
verschiedener Werkstoffe: Stahl, Aluminium und Kohlefaser (CFK).
 
 

Fahrzeug-Steckbrief - Mercedes-Benz F400 Carving

Vision:

     Ein neues, bisher nicht besetztes Segment eines offenen,
     innovativen Roadsters

     Fahrsicherheit in einer neuen Dimension

     Innovativer Forschungs-Technologieträger

Technologischer Ansatz:

     Aktive Sturzwinkelverstellung Active Tire Tilt Control (ATTC)

     Völlig neuartige Reifen mit asymmetrischem Profil und neuer
     Gummimischungsverteilung

     Active Body Control (ABC) mit hochdynamischen
     AHP-Federbeinen

     Elektrohydraulisches Bremssystem SBC™ mit
     Keramikbremsscheiben

     Elektronisches Lenksystem "Steer-by-wire"

     42V-Bordnetz mit triebstranggekoppeltem Generator

     "Shift-by-wire" mit lenkradfesten Schaltpaddels

     Automatisiertes Sechsgang-Getriebe mit Heckantrieb

     "Drive-by-wire" mit ESP III+x

     V6 3,2Liter-Motor mit Trockensumpfschmierung

     Spaceframe mit CFK-Karosserie

     Beleuchtungsfunktion mit Glasfaser-Lichtleiter und Xenon

     Eigenständiges Design

Technische Daten:

     Maximalleistung (kW/Umin­-1): 165/5.600

     Maximales Drehmoment (Nm/Umin-1): 315/3.000 – 4.800

     Beschleunigung 0-100km/h (sek): 6,9

     Höchstgeschwindigkeit (km/h): 241

     Maximale Querbeschleunigung (g): 1,28
 
 

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